Voller Hoffnung trotz schwerer Schicksale

von Michael Sypien

Es ist ein ungewöhnlicher Vormittag für 140 Schüler der Fachoberschule und der Berufsschule. Ein Vormittag voller Emotionen. Als gesungen und getanzt wird, lachen sie. Unsicher werden sie, als sie aufgefordert sind, ihren Sitznachbarn anzulächeln und ihm ein Kompliment zu machen. Und merklich betroffen, als eine junge Frau ihnen – mit Worten und Tränen kämpfend – erzählt, dass sie ein Missbrauchsopfer ist.

Es gibt Wege, um da herauszukommen.

Chloé, von der Theatergruppe iThemba

Zu Gast an der Kitzinger Berufsschule war am Mittwoch die Theatergruppe „iThemba“ aus Südafrika. Das Wort ithemba kommt aus der Zulu-Sprache und bedeutet Hoffnung. In Tanz- und Theateraufführungen sowie in Workshops befasst sich die Gruppe mit den Themen Rassismus, Gewalt, Aids und der südafrikanischen Geschichte. Viele der 19- bis 24-jährigen Mitglieder kommen aus schwierigen familiären Verhältnissen. Sie haben die Themen, die sie darstellen, am eigenen Leib erfahren. Hoffnung haben sie in Jesus gefunden und sich deshalb dem Netzwerk Jugend für Christus angeschlossen. Acht Monate touren sie nun durch verschiedene Städte, um Jugendlichen von ihren Erfahrungen zu erzählen, sie für die Themen zu sensibilisieren, vor allem aber um ihnen zu vermittelt, dass es immer Hoffnung gibt.

Was die jungen Frauen und Männer zeigen, sind Beispiele dafür, was in vielen Familien passiert, erzählt Chloé. In Südafrika genauso wie in Deutschland. „Ich zum Beispiel habe Missbrauch erlebt“, sagt sie. Sie ringt nach Worten, kämpft mit den Tränen, legt dann doch kopfschüttelnd das Mikrofon zur Seite. Vorher aber kann sie zumindest das sagen, was ihr so wichtig ist: „Es gibt Wege, um da herauszukommen.“

Das ist der Grund, warum die Gruppe die schwierigen Themen so glaubhaft darstellen kann: Sie haben die Geschichten nicht erfunden. „Wir kommen aus zerbrochenen Familien. Wir haben solche Dinge erlebt“, erzählt auch Mookho. Ihre Mutter begann vor einem Jahr zu trinken, was sie vorher nie getan habe. „Sie hat so viel getrunken, dass sie vergessen hat, dass sie meine Mutter war. Das hat mich zerbrochen, mich und die ganze Familie.“ Die junge Frau hat nach Dingen gesucht, um sich abzulenken. Discos, Clubs, Unterhaltung. „Aber nichts konnte die Leere füllen.“ Wie die anderen hat sie schließlich im Glauben Hoffnung gefunden. „Ich hätte alles Recht meine Mutter zu hassen. Aber ich habe mich entschlossen, ihr zu vergeben.“

In ihrem Theaterstück erzählen die jungen Südafrikaner von Bongi, deren Mutter an Aids stirbt. Sie zieht zum Onkel, doch der trinkt und er schlägt sie. Bongi rennt immer wieder weg, sie ritzt sich. Als sie auf eine Musik- und Tanzgruppe trifft, fordern die Mitglieder sie auf, mitzumachen bei der „Generation free“ – ein Name, der für die erste Generation nach der Apartheid steht. Bongi traut sich nicht: „Ich kann nichts. Mit mir verschwendet ihr nur eure Zeit.“ Als alle sie auffordern, wieder zu kommen, macht sie doch mit, entpuppt sich als tolle Sängerin und lernt die Sponsorin der Gruppe kennen. Die nimmt sich des Mädchens an, bei ihr wohnt Bongi am Ende der Geschichte, weil der Onkel zugibt, sich überfordert zu fühlen.

Was nehmen die Schüler der FOS und Berufsschule von diesem Stück mit? Teamleiter Lingelihle Jonas braucht eine Weile, um die jungen Leute aus der Reserve zu locken. Dann allerdings fällt ihnen doch eine ganze Menge ein. Zum Beispiel, dass das Äußere eines Menschen nicht immer zeigt, wie es in ihm aussieht. Dass man nicht alleine ist mit seinen Problemen, sondern Freunde da sind, die einem helfen. Dass es in Deutschland die gleichen Probleme gibt wie in Südafrika: Gewalt in der Familie, Krankheiten wie Aids, Schulstress und andere Herausforderungen, aber auch Gruppenzwang oder Menschen, die sich nicht trauen, mit anderen über ihre Probleme zu reden. „Das Theaterstück ist ein Werkzeug, um zu zeigen, dass einem geholfen werden kann“, fasst der Teamleiter zusammen. Ein Werkzeug, das zeigt, dass es immer Hoffnung gibt: Ithemba.

Die Gruppe

„iThemba“ sind Teams aus Südafrika, die für acht Monate durch Deutschland reisen und Jugendlichen Hoffnung weitergeben. Der Name ithemba kommt aus der Zulu-Sprache und bedeutet Hoffnung. Die Gruppen, denen jedes Jahr andere junge Menschen angehören, bieten Tanz- und Theateraufführungen sowie Workshops zu Themen wie Rassismus, Gewalt, AIDS und südafrikanischer Geschichte, sie gestalten Jugendprogramme und Gottesdienste. Zielgruppe sind Jugendliche von zwölf bis 18 Jahren. „iThemba“ ist Teil der Arbeit des Netzwerks von Jugend für Christus International. Dieses bietet in weltweit fast 100 Ländern christliche Jugendarbeit an.

Daniela Röllinger, Die Kitzinger

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